Wenn das „Glückshormon“ Dopamin fehlt, fällt jede Bewegung schwer. Ein Mangel, gegen den Patienten mit Schüttellähmung täglich ankämpfen. In der speziellen Parkinson-Unit am Diako Mannheim unterstützt ein Expertenteam sie dabei.
Alles geht ein bisschen langsamer, es fehlt einfach der Antrieb. “So beschreibt Lübbo Bünting die Symptome seiner Parkinson-Erkrankung. Seit sechs Jahren leidet der 76-Jährige an der sogenannten Schüttellähmung. Dabei sterben die Nervenzellen, die den Botenstoff Dopamin produzieren, nach und nach ab. Der Stoff ist im Volksmund als „Glückshormon“ bekannt und dient zur Motivations- und Antriebssteigerung. Fehlt er, leiden Betroffene unter anderem an Muskelzittern, ihre Bewegungen sind langsam oder unrund.
Morbus Parkinson gehört zu den häufigsten Erkrankungen des zentralen Nervensystems im höheren Lebensalter, rund ein Prozent der Weltbevölkerung über 60 ist betroffen. Prominente Patienten waren die Box-Legende Muhammad Ali und der frühere Papst Johannes Paul II. In Deutschland sind laut Krankenkassen 400.000 Menschen am Parkinsonsyndrom erkrankt.
„Parkinson ist zwar nicht nur eine Alterskrankheit, aber die Häufigkeit der Erkrankungen nimmt mit dem Alter zu“, erklärt Dr. Britta Tews. Sie ist Oberärztin in der Neurologie und Leiterin der spezialisierten Parkinson-Unit im Diako Mannheim. Bereits seit mehreren Jahren hat die Klinik einen Schwerpunkt auf die Behandlung der Krankheit gelegt. Seit 2020 ist diese Expertise in der neu geschaffenen Einheit gebündelt.
Ein Ärzteteam rund um Dr. Britta Tews arbeitet dort nun eng mit speziell geschultem Pflegepersonal und festen Therapeuten zusammen.
Die Krankheit ist nicht heilbar, die Symptome können aber mit Medikamenten, sogenannten Dopaminersatzstoffen, gelindert werden. Diese gleichen den Dopaminmangel aus. „Eine Herausforderung ist, dass immer mehr Nervenzellen absterben. Die Dosis des Wirkstoffs muss daher stetig neu angepasst werden“, sagt Dr. Tews. Außerdem verläuft die Erkrankung bei jedem anders und in verschiedenen Phasen. In jeder treten andere Symptome auf. Dazu können auch Schmerzen, Schlafstörungen und sogar Halluzinationen gehören. „Wenn ein Patient zu uns kommt, definieren wir zunächst, welche individuellen Probleme er hat, und erarbeiten auf dieser Basis einen Therapieplan“, so die Oberärztin.
Auch Lübbo Bünting wurde im Sommer in der neu eingerichteten Parkinson-Unit behandelt. Wie die meisten Patienten blieb er dort gut zwei Wochen. Neben der intensiven Betreuung durch die Ärzte profitierte der Rentner täglich von Therapien wie Physio- und Ergotherapie sowie Logopädie. „Danach ging es mir deutlich besser“, sagt er. Zuvor hatte er nicht nur eine Medikamenten-Unverträglichkeit entwickelt, die Wirkung ließ auch zusehends früher nach. Besonders nachts und am frühen Morgen konnte er sich schlecht und nur sehr langsam bewegen. „Das ist ein typischer Verlauf. Durch die Umstellung auf ein anderes Medikament konnten wir diese Probleme aber gut in den Griff bekommen“, erklärt Dr. Tews.
Gerade in späteren Stadien gelingt das nicht immer. Patienten benötigen dann immer höhere Dopamindosen. Direkt nach Einnahme der Medikamente kann es zu einer Überdosierung und schon kurze Zeit später zu einer Unterdosierung kommen. In diesen Fällen rät die Oberärztin zur Pumpentherapie. Dazu wird eine Sonde unter der Haut oder direkt im Darm platziert, die den Körper kontinuierlich mit dem Wirkstoff versorgt. „Unser Ziel ist es, den Patienten so lange wie möglich ein selbstständiges Leben zu ermöglichen“, betont Dr. Tews.
Trotz der Fortschritte in der Behandlung ist die Krankheit auch eine psychische Belastung für Betroffene. Viele leiden an Stimmungsschwankungen bis hin zu Depressionen und ziehen sich immer weiter zurück. Deshalb ist ein weiteres Ziel der Parkinson-Unit, den Austausch zwischen den Patienten zu fördern. In ihrer Zeit auf der Station können sie Kontakte knüpfen und sich gegenseitig motivieren.
„Man sollte offen damit umgehen und sich nicht verstecken, auch wenn es schwerfällt“, rät Lübbo Bünting anderen Parkinsonkranken. Der leidenschaftliche Gärtner ist daher nicht nur in verschiedenen Selbsthilfegruppen aktiv, in seiner Gartengemeinschaft hat er seine Erkrankung auch offen angesprochen – und nur positives Feedback bekommen. Denn er versucht, trotz aller Einschränkungen ein möglichst normales Leben zu führen. Wenn auch ein bisschen langsamer.
Text: Joris Hielscher | Fotos: André Loessel